Grenzenlose Narrenfreiheit über den Wolken - Fliegende Liebende




Treffen sich eine Jungfrau, die den Tod riechen kann, ein betrügerischer Geschäftsmann, ein feiger Liebhaber, ein Killer, zwei bisexuelle Piloten und eine Domina, sowie drei schwule Stewards an Bord eines Flugzeuges, das aufgrund eines Fahrwerkproblems gezwungen ist, auf unbestimmte Zeit zu kreisen… klingt nach einem Witz, der neue Film von Pedro Almodóvar - und ist auch lustig. Viel mehr auch nicht - und es stellt sich die Frage, ob er es denn sein müsste. Sicher, wer auf dramaturgische Kunstgriffe und einen gewissen Tiefsinn á la Sprich mit ihr oder Die Haut in der ich wohne hofft, erwartet zu viel.

Oder - vielleicht eben gerade nicht zu "viel", sondern eher "das Falsche". Denn möglicherweise steht Fliegende Liebende eben gerade in gewolltem Kontrast zum letzten Film Almodóvars, der für seine Verhältnisse ungewöhnlich düster und klinisch schien. Skurrile Momente durchziehen sein gesamtes Œuvre, ebenso wie die überzogene Melodramatik des Schauspiels und die stetig Mitschwingende Gender-Thematik. Im Kleinen ist das auch hier der Fall - wenn auch nicht so grandios aufgelöst wie andernorts. So verliert der Film sich streckenweise in Absurdität, wenn die Stewards zur Beruhigung der Passagiere eine kleine Revue aufführen, beispielsweise. Oder wenn die Handlung buchstäblich ihren Höhepunkt erreicht und alle Business-Class-Passagiere sediert sind, während die First Class dem Titel des Filmes alle Ehre macht.

So scheint Fliegende Liebende anstatt einer konsequenten Weiterentwicklung seines letzten Filmes ein Zurückkehren zu Almodóvars Anfängen wie Labyrinth der Leidenschaften zu sein ... Eine Verschnaufspause vielleicht? Der Film ist quietschbunt, satirisch, und vor allem "schwul". Und das ist ... vielleicht nicht unbedingt gut so. Aber okay ist es.


Nature's a bitch.


Die Natur ist eine Hure, eine Serienkillerin, in mehr oder minder regelmäßigen Abständen rottet sie aus, was nicht stark genug ist, zu überleben - und macht auch vor dem Menschen nicht Halt, wenn sie ihm Zombies auf den Hals hetzt. Im Genre des Zombiefilms tut sie dies in den letzten Jahren vorzugsweise  als Virus, als Epidemie, wie schon bei Danny Boyles 28 days later und seinem Sequel 28 weeks later von Juan Carlos Fresnadillo. Bei George A. Romeros Night of the Living Dead von 1968, der das Genre begründete und zum Kultfilm avancierte, war der Ursprung der umherwandelnden Menschenfresser noch ungeklärt - in zeitgenössischen Filmen ist es ganz klar: Der Mensch, oder eben wie hier, die Natur selbst. 


Wo Romeros Forsetzung Zombie noch Kritik an Kapitalismus und Gesellschaft war und die Zombies selbst als allegorische, neue Daseinsform verstanden werden konnten, spiegeln Filme wie World War Z mehr als damals eine apokalyptische Urangst vor einer Gefahr, die "aus uns selbst heraus entsteht" wider und können in Zeiten von Globalisierung und Schweinegrippe in die Nähe von Filmen wie Soderberghs Contagion gerückt werden.


Es kommt also wie es kommen muss, die Menschheit steht kurz davor, aufgefressen zu werden, es muss ein Held her - und zwar niemand geringerer als Brad Pitt. Der Familienvater (auch das ist auffällig: Zombiejäger scheinen nie Single, höchstens verwitwet zu sein wie Will Smith in I am Legend) und Ex-UN-Inspektor begibt sich auf die Suche nach dem Ursprung, nach Patient Z, und hetzt dabei von Amerika nach Südkorea nach Jerusalem und zuletzt nach Wales. Actionreich, spannungsgeladen und groß angelegt kommt Marc Fosters Film also daher - dass dementsprechend ein paar Dialoge leiden müssen, erklärt sich irgendwie von selbst und ist ja auch genrekonform. Dass die Juden aus ihrer Geschichte gelernt haben ... und dank Untergrundverbindungen bereits eine Woche vor Ausbruch der Katastrophe und des Chaos im Bilde sind, mag aufstoßen, sollte aber deswegen vielleicht getrost unter den Tisch gefallen lassen werden. Der Dialog erscheint ohnehin nur als Lückenfüller bzw. Vorwand, um grandios zu inszenieren, wie Zombiemassen Jerusalems Mauer erklimmen.

Und wen interessieren schon die Gespräche bei einem Zombiefilm? Schließlich will man mitfiebern, Angst haben, unterhalten werden, Blut spritzen sehen! Und das gelingt World War Z mit ziemlich viel Tempo - ein wenig zu viel gar, mitunter. Der Wermutstropfen bei dieser Geschichte, deren Ende vielleicht doch noch einen kleinen "Shift" im Genre aufzeigt, nämlich: Camouflage statt Bekämpfung, ist die Technik. 3D scheint für diese Art von Hektik und schnellen Schnitten noch nicht bereit.