Passiv aktiv


Du kannst ihm nicht entrinnen, heißt es. Es verfolgt dich, denkt man bisweilen. Es gibt es nicht, hört man hier und da, und schwankt zwischen Glauben und Vertrauen und dem Gegenteil. Um sich dann wieder volle Breitseite davon überrollen zu lassen, so dass es  einen direkt ver-schickt: Das Schicksal. Leise schicksalt es so vor sich hin und schickt dich von A nach B, Buchstaben scheinen in tieferem Zusammenhang zu stehen, unsere How I met your Father- und -Mother Stories entblättern sich retrospektive vor uns, mitunter meint man zu spüren: Eines führt zum Anderen, nichts geschieht umsonst.

Lassen uns von ihm leiten, nehmen es in und an die Hand, ergeben uns ihm, trotzen. Oszillieren zwischen aktiver Passivität und passivem Aktivismus, folgen dem was wir meinen Bestimmung zu nennen, bis eben alles anders kommt, wenn man denkt. Flowen, interruptieren, halten den Atem an, atmen aus. Setzen Punkte und ziehen Striche. Beginnen mehrfach von Null an, auf Geschehenem aufzubauen.

Fordern es heraus, lernbegierig, wie wir sind. Lachen und zittern ihm entgegen, unermüdlich schöpfen wir Willen aus Stärke, trainieren uns zu Jedirittern und Samurai, rappeln uns von tiefen Tälern hoch hinaus. Danken ihm für Schläge, verlangen mit blutenden Nasen nach mehr, flüchten nach vorn, denn hinten, da waren wir schon – Neujustierung mit jeder Lektion. Mit jedem sich schließenden Kreis erklimmen wir eine Stufe im hermeneutischen Zirkel, lassen Menschen und Ereignisse hinter uns, schütteln eben noch frische Polaroids, bis sie beginnen zu verblassen.

Lecken Wunden und lecken Blut, lebenshungrig dürsten wir nach Vollkommenheit und wissen dabei doch, dass diese immer nur in oder aus einem Moment bestehen kann. Reihen Momente aneinander, machen Süßes aus Saurem, komplementieren und substitutionieren, eingekeilt in Widersprüche spüren wir uns bis hin zur Gefühlslosigkeit, lassen uns treiben, machen weiter. Setzen unsere Geschichte fort, blättern um, schreiben uns selbst in sie ein. Stolpern von Seite zu Seite, straucheln, finden Halt, klammern uns fest, lassen wieder los. Um am Ende vielleicht doch lächelnd sagen zu können: Genau so musste es sein.

Wenn Worte meine Sprache wären



Manchmal würde ich Worte gerne festhalten können, während sie so durch die Luft schwirren, dich soeben verlassen haben, mich vielleicht noch nicht ganz erreicht, aus deinen Gedanken externalisiert wie ein Voice Over eines Erzählers eines Filmes, der von Momentaufnahmen handelt. Er erzählt von lautlos berauschten Momenten stiller Gedanken, der unausgesprochenen Sehnsüchte, der Begierde, von Zuneigung 
gar, irgendwo zwischen den Zeilen. Von unbewusst angedeuteten Versprechungen, stets unter dem Deckmantel der Unverbindlichkeit und Privatheit.

Jeden der im virtuellen Raum rumschwebenden Buchstaben möchte ich einzeln greifen und unter meinem Kopfkissen verstauen, um sie herausholen und anfassen und herumdrehen und begreifen zu können, wenn ich das Gefühl habe, sie entgleiten mir. Möchte jedes Wort genau abwägen können, haptisch, sensuell, sie ordnen, um Fehlinterpretationen und Buchstabensuppe zu vermeiden. Möchte sie ihrem geschriebenen Status entreißen, sie real werden lassen, mir deuten lassen, was das Wort „Bedeutung“ eigentlich für eine Bedeutung hat.

Dann würde ich ihnen zuhören, was genau sie eigentlich zu sagen haben, sie fragen, ob sie nicht eigentlich etwas anderes meinen – und warum sie gewisse Dinge nur spät Nachts auszusprechen wagen, von Rechtschreibfehlern durchsetzt. Oder warum sie dann wieder ausbleiben. Würde einige von ihnen kräftig durchrütteln, andere eng an mich drücken, sie zwingen mich anzusehen und zu fühlen, was ihnen in ihrer schlichten Existenz möglicherweise entgeht.  Ihnen zeigen, wie wertvoll sie sind, ihre Existenzangst nehmen, die Tür öffnen zu einem Wunderland, in dem sie nicht nur Schall und Rauch einer rauchenden Raupe sind.

Wir würden uns aneinandergeklammert gegenseitig versichern, dass sie nicht nur Zusammenschluss semiotischer Zeichen sind oder Teile von Syntax, sondern Wahrheit. Uns würde klar, dass das Medium die Botschaft ist, und Kommunikation wäre nicht zu komplex. In einer Black Box säßen wir dann und würden kichern über vorherige Missverständnisse und –deutungen, würden uns endlich zu fassen kriegen. Bis uns dann auffiele, was wir übersehen hatten: Ein kleines Wörtchen. Vier Buchstaben. „Wenn.“