STROKE.ARTFAIR- Kunst für das 21. Jahrhundert. Part I


Was heute unter der Bezeichnung „Urbane Kunst“ läuft, fand seinen Ursprung ca. vor 30 Jahren in einer Untergrundbewegung, auf den Straßen, um nicht zu sagen im Milieu. Diese noch frische Kunstströmung setzt sich zusammen aus Einflüssen des Graffiti, Low-Brow, der Illustration, des Grafik-Designs und der Comic-Kunst. Künstler nutzten dabei ihr urbanes Umfeld als Inspiration und heraus kamen bunte, aber auch politisch konnotierte und innovative Formen von Kunst. Der wohl populärste Vertreter der Bewegung ist Banksy, der als Guerillakünstler seine politischen Statements, oftmals anhand abgeänderter bekannter Motive, sprüht und vor allem bekannt wurde, indem er seine Werke ungefragt in Museen hing. Heute sind Werke dieser Art in Museen nichts ungewöhnliches mehr, urbane Kunst hat es aus der Subkultur heraus in den Mainstream, ins Museum und in Galerien, kurz: in den Blickpunkt der allgemeinen Öffentlichkeit geschafft.
Der Wermutstropfen dabei ist: es ist nicht mehr zu unterscheiden zwischen – ganz Ghetto - „realer“ Kunst und solcher die es gerne wäre. Die meisten Künstler arbeiten nun in Galerien, von Kunst der Straße kann zum großen Teil nicht mehr gesprochen werden. Hier kommt ein Konflikt zu tragen, der unter Musikfans (analog zur Kunst: Das Beispiel Hip Hop) nur allzu bekannt ist: kann etwas, das einmal Untergrund war und nun an der Oberfläche dümpelt, das immer mehr „oberflächliche Nachahmer“ findet, und sicherlich kommerzbehaftet ist, immer noch als Teil der selben anfänglichen Bewegung gesehen werden, als l’art pour l’art? Oder ist es zum jetzigen Zeitpunkt schon wieder soweit, tiefer an Wurzeln gehen zu müssen um zu sehen was abseits des neuen Mainstreams passiert? Dies sind sicherlich Fragen, die sich bei jeder neu aufkommenden Kunstrichtung stellen, Fakt ist: Mainstream und Untergrund bedingen einander, ohne diesen ständigen fluktuierenden hermeneutischen Zirkel gäbe es schließlich keine Weiterentwicklung mehr.
Anyway, wir als ein kunstinteressiertes Publikum schlagen letztendlich Profit daraus: Urbane Kunst ist leichter zugänglich und jeder der sich dafür interessiert kann sie sehen! Und die Etablierung der Street Art, des Graffitis, etc. in die Mainstream-Kunst plus das steigende Interesse auf Publikumsseite machte es erst möglich, die STROKE.ARTFAIR ins Leben zu rufen, die nun zum zweiten Mal in München stattfindet. Dieses Jahr wartet die Kunstmesse für Kunst des 21. Jahrhunderts nicht nur mit neuer Location (Zenithhalle), sondern auch mit neuen Programmpunkten auf: es gibt einen Soundtrack begleitend zur Stroke,  der sich zusammensetzt aus einer von den Künstlern getroffenen Auswahl der Musik von Project:Mooncircle. Zusätzlich ließen sich Künstler von der Musik inspirieren, das sich daraus ergebene Zusammenspiel von Kunst und Musik können die Messebesucher via Headphones direkt vor den Werken auf sich wirken lassen.
Ein weiterer neuer Punkt ist ein öffentliches Künstleratelier, das STROKE.STUDIO, in Kooperation mit G-Shock, das dem Besucher Workshops und Vorträge, aber auch die Möglichkeit Materialien etc. in Augenschein zu nehmen, offeriert. Ein besonderer Blickfang sind aber ohne Frage Live-Performances der Künstler. So kann man zum Beispiel, parallel zur STROKE.DIGITAL, der Sonderausstellung für digitale Kunst, am Bildschirm mitverfolgen, wie Bilder dieser neuen Kunstform mit Hilfe von Photoshop und einem „Graphic Tablet“ entstehen. 

STROKE.ARTFAIR - Kunst für das 21. Jahrhundert. Part II


Daniela Uhland, Ode an Gustav K.

Überhaupt ist ein Trend zum digitalen Malen spürbar auf der Stroke. Ins Auge fielen dabei Werke, die ausgestellt wurden von der Berliner Galerie Box 32, wie zum bei Beispiel Frederik Schulz. Der gelernte Grafikdesigner arbeitet vor allem mit Panoramafotografien, die er in weiterer Bearbeitung fast gänzlich ihrer Perspektive entzieht, Wände und Details wölbt, streckt, den eigentlichen Raum unkenntlich macht. Es entstehen so mehrsichtige, fast amorphe, surrealistisch anmutende Architekturen.  Ein andres digital gearbeitetes Werk ist Daniela Uhligs „Ode an Gustav K.“ Auch ohne den hinweisenden Titel ist der Rückbezug auf Klimt nicht zu übersehen. Über hundert Jahre altes feiert hier mit altbewährtem Goldgrund, aber mit an unsere Zeit angepassten Pin-Up-Look Wiederauferstehung.
„The bad artists imitate, the great artists steal“, zitierte Banksy Picasso. Seine Meinung dazu kann und soll jedem selbst überlassen sein, eine interessante Assoziation gelingt aber Matthias Gephart in Entlehnung eines großen Künstlernamens mit „Caravaggio in Wedding“.

Frederik Schulz, Schlachtfeld.
Selbiges Banksy/Picasso-Zitat verwendete wiederum ein Künstler, 
welches die Leserichtung seiner Installation, wie er es nannte, einleitete. Diese bestand aus zusammengeschusterten Zitaten der Populärkultur, wiederzuerkennen waren Songtexte, Elvis, Hello Kitty und ähnliches. Nun ist die Idee des Klauens aber weder wesentlich neu noch innovativ und dieses bunte Wirrwarr kann, ebenso wie die zitierten Texte aktueller Popmusik (wenn auch stellenweise noch recht lustig gesetzt) nur kurz Aufmerksamkeit erregen – es landet früher oder später sowieso auf dem Pop-Trash. Das selbst auferlegte Prädikat des „great artists“, das der Künstler sich hier versucht zu erklauen, erscheint doch sehr kalkuliert und vermessen.




Mr. Trash
Zitieren kann jedoch nicht nur um des Zitierens Willen freudigen Wiedererkennungseffekt beim Rezipienten auslösen, wie zum Beispiel Mr. Trash beweist. Hier geht es nicht um aufgesetzte Tiefsinnigkeit: einige seiner Totenköpfe, mit verschiedenem Farbgrund an Warhol anlehnend, leuchten im Dunkeln. Urbane Kunst soll ja auch vor allem visuell erfreuen und mit ihren Neonfarben das Auge bestechen. Auch Miss KK aus Ungarn bedient sich, wie schon einst Duchamp, der Mona Lisa. Ihr gelingt eine humoristische Adaption des (nun blau geschminkten) altbekannten Gesichts mit einem tätowierten und Hot-Pants tragenden Körper. Verführerisch scheint sie uns anzulächeln und ihre Herkunft scheint, zumindest in diesem aktualisierten Kontext, keine Frage mehr zu sein. Ausgestellt wird Miss KK, die viele Collagen dieser Art geschaffen hat, im Übrigen von Art Moments/Hybridart. Die Ausstellungsserie reist derzeit durch Europa und präsentiert hundert junge ungarische Künstler.








Miss KK
Giacomo Spazco














Hier und da bietet sich dem Betrachter jedoch mehr Tiefe dar, als auf den ersten Blick erwartet – wenn man verweilt und hinter die neonfarbenen popkulturellen Referenzen blickt. Giacomo Spazco beispielsweise, der viel mit Neonpink arbeitet, druckt Mickey Mouse mit Sternen versehen in erschrockenem Gestus auf eine unbespannte Leinwand und ergänzt das Bild mit der Schrift „Our dreams are still born in Hollywood“. Auch das Duo Doppeldenk verweist in kaum lesbaren schreiend bunten Bildern (Siebdruck, auch hier spürt man den Einfluss und die Präsenz eines Warhol) auf die sieben Todsünden.

Valsugo. Bild: valsugo.com
Besonders eindringlich, da im Vergleich zu anderen unheimlich düster, sind die Bilder von Valsugo, ein Münchner Künstler. Auf mit dunklen Farben bemaltem Holzgrund sind die Sätze „Vom Spiegelbild angespuckt“, „Cut my life into pieces“ (Ein Zitat aus „Last Resort“ von Papa Roach), „Vom Leben den Arsch versohlt“, „Fliegen Stücke umher alles bricht sich immer mehr“ und „Ich liebe mein Leben“. Dem Bild scheint eine für den Künstler kathartische Wirkung inne zu wohnen, der Eindruck bestärkt sich noch durch die Wahl von Holz als Untergrund und der Andeutung eines Andreaskreuzes hinter dem eigentlichen Bild.






Michael Hacker&Foerdl
Auch skulpturale Werke kamen nicht zu kurz. Eine besoners amüsante Arbeit gelingt Michael Hacker&Foerdl mit „ACAB (All cats are bastards“), dargestellt sind zwei Mäuse, eine offensichtlich betrunken und Käse kotzend, während die andere mahnend den Zeigefinger hebt. Das absolute Highlight aber kommt von Alexander Becherer, der unter dem Namen „Biserama“ veröffentlicht. Aus Styropor vereint mit anderen Materialien entstehen irrsinnige Skulpturen, die handwerklich unglaublich fein gearbeitet sind. Er arbeitet mit maskenhaften Gipsabdrücken eines (vermutlich seines?) Gesichts, das er zusammensetzt mit einem vielteiligen Körper, behängt mit Attributen wie Glühbirnen oder Warnschildern. Am meisten beeindruckt aber eine Arbeit, die den betenden Körper der Skulptur umhüllt mit akribisch aus Styropor geschnitzten Labels, Marken und allseits bekannten Logos. Die Fülle der  jedem geläufigen Schriftzüge verbildlicht den Konsumwahn auf eine äußerst unkonventionelle und handfertige Art und Weise.







Fazit: Urbane Kunst ist bunt. Sie kann laut(malerisch) sein, oder auch leise und eindringlich. Sie zitiert, verwertet, nimmt auf, um letztlich beim Betrachter genauso weiterverdaut zu werden, manchmal ist sie leicht bekömmlich, mitunter stößt sie sicher auf.
Sehenswert ist sie allemal, „Messe-nswert“ auch.

STROKE.ARTFAIR- Kunst für das 21. Jahrhundert noch bis 29.5.2011, Zenithhalle München, Lilienthalallee 29

Biserama. Bild: biserama.blogspot.com
Biserama.

Kritik zu Markus Breidenichs „Am Milchstraßenrand“

In einer Zeit, in der sie kaum noch gelesen, kaum noch beachtet werden, traut sich Markus Breidenich - und schreibt Gedichte. Davon gleich 83 Stück, zusammengefasst unter dem Titel „Am Milchstraßenrand“. Umso mehr verwundert es, da es sich bei dem Autor um einen promovierten Physiker handelt. Teils so sehr codiert, dass sich der Inhalt dem Leser kaum oder nur mühsam erschließt, wagt der Autor einen mehr oder weniger poetischen Streifzug durch den Raum und die Zeit von heute, und lässt dabei sein Fachgebiet keineswegs ungeachtet. Neben den Planeten unseres Sonnensystems, denen jeweils ein Gedicht gewidmet ist (sogar Pluto, dessen Aufgabe nun das „Nicht-mehr-unter-uns-Sein“ ist, da ihm der Planetenstatus aberkannt wurde), liegt sein Hauptaugenmerk auf der Erde, Terra, am Milchstraßenrand, wo sich nun ganz andere Galaxien auftun: zum Beispiel das Internet, eine neue Form von „unerklärlicher Weite“. Und der Tod, der ewige Kreislauf, bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen, dem kleinsten gemeinsame Nenner- dem „Du“ und „Ich“.
Bereits im ersten Gedicht, „Video“, fällt der Satz: „Fiat Lux.“- was soviel heißt wie:„Es werde Licht!“, und auch später geht er auf die Entstehung der Menschheit ein, wie z.B. in „Evolution“ oder „Genpool“. Lange hält er sich jedoch dabei nicht auf, denn schnell wird der Leser übergeleitet zu Fragen des aktuellen Zeitgeschehens. „In den Resten des Grüns“ schneidet er das Thema Wiederverwertbarkeit an, und meint damit auch den Menschen selbst und seine Gedanken. Im Weiteren wird u.a. angespielt auf Dolly, das geklonte Schaf, vor allem aber wird schnell klar: hier wird explizit Bezug genommen auf Ereignisse von 2008/2009. In „Luftbild“ übt Breidenich Kritik an der Wirtschaft, schreibt, es gäbe „kein Säen, kein Ernten“. Auch unter der Überschrift „Grünanlagen“ findet sich in der Natur, nicht wie früher in der Romantik, das Göttliche verschleiert, sondern vielmehr die Wirtschaftskrise, zum Beispiel im Gedicht „Ökosystem“, das auf die Kurzabreit und die wirtschaftliche Lage in Deutschland anspielt. Auch das vor allem in Bayern viel diskutierte Rauchverbot wird nicht ausgespart („Bayern1“), ebenso wie die sogenannte „Lidl-Affäre“, bei der die heimliche Aufzeichnung von Mitarbeitern eines Discounters durch alle Medien ging („Kunde davon“).

„In den Schächten des Netzwerks“, so die Überschrift des vierten Kapitels, ist dem Medium Internet gewidmet. Es finden sich Gedichte zu Facebook, Flickr, My Space, Twitter, zu Webcams, Festplatten. Man spürt leise Kritik, denn „wir sind abgeschnitten voneinander“, und „gelegentlich spürten wir Wärme. Wenn die Lüftung nicht ging, keine Laptops rauschten, und wir ausgegangen waren.“. Bezeichnend für die heutige Internetgesellschaft ist gerade das „Ausgehen“, das sowohl das menschliche Ausgehen als auch das Ausgehen des Computers impliziert, welches automatisch eine Trennung von der Internet-Community  voraussetzen würde. Aber sogar diesem wirken Seiten wie Twitter entgegen, denn mittlerweile muss jeder jedem mitteilen, wo er sich gerade aufhält, was er tut und mit wem. Leider identifizieren sich immer mehr Menschen mit Internetprofilen, haben Internetfreunde, suchen Internetbekanntschaften. Schade nur, dass diese Menschen wohl kaum Gedichte lesen, mit Ausnahme vielleicht der User von Neon.de, die Texte verfassen und diese online diskutieren.

Was aber die eigentliche Intention eines Dichters angeht, von seinen Gefühlen, von großen Emotionen zu sprechen, so spürt man diese hier nicht oder nur kaum. Zwar spricht das lyrische Ich immer wieder verklärt von Trennung, von einem „Du“ und einem „Wir“, von dem jetzt nur noch im Imperfekt zu sprechen sei, oder zeichnet in „Biotopisch I / II“ das Bild einer männermordenden Spinnenfrau. Auch scheinen andere Gedichte von Verlust, Krankheit zu handeln, wobei jemand unter die Erde gebracht werden musste. Hierbei wird der Leser aber nicht sonderlich berührt, die Position und der Ton des lyrischen Ichs scheinen zu neutral, vielleicht hat es sich schon längst mit seiner Situation abgefunden. Vielleicht hat es, oder er, wenn wir das lyrische Ich dem Autor zuschreiben wollen, aber auch durch die vielen Geschehnisse der letzten Jahre, die er hier in seinen Gedichten zusammenfasst, ein stückweit sich selbst verloren, ist abgestumpft, als sehe und fühle er vor lauter Planeten und Kosmos das Wesentliche nicht mehr. Und wartet auf das Nordlicht, das ihn wieder zurückbringt. Doch dies bringt den Leser auch nicht weiter.
Denn wie eingangs schon erwähnt, sind die Gedichte Breidenichs nur schwer zugänglich. Die Themen und Bezüge sind teilweise so undurchsichtig, dass der Leser die Aussage kaum fassen kann. Der Autor bedient sich in vielen Gedichten so sehr eigener Metaphern und Assoziationen, dass diese einfach nicht nachzuvollziehen sind. Zum Beispiel stellt sich die Frage, warum er immer wieder griechische Mythen, wie Medusa aufgreift. Oder was es mit dem „Logbuch der Beagle“ auf sich hat. Vieles erscheint sehr verschleiert, aber vielleicht ist es gerade diese Verschleierung, die einen gewissen Reiz ausmacht und eine fast mystische Stimmung schafft. Man möchte verstehen, was der Autor zu sagen hat, dies erfordert aber einen hohen Assoziationsgrad und eine Kenntnis der aktuellen Zeitbezüge, letztendlich bleibt das Werk aber dennoch zu komplex und der Leser mit Fragen zurück. Zudem ist es fraglich, welchen Wert die Gedichte in ein paar Jahren oder Jahrzehnten haben werden, wenn dem Leser durch den fehlenden Zeitbezug die Verständlichkeit noch mehr erschwert wird.
Zwar werden auch heute noch gerne Gedichte der Romantik gelesen, in der Chiffre verwendet wurden, deren Bedeutung man nur noch mutmaßen kann. Aber diese Gedichte zeichnen sich auch durch eine besondere Sprache aus, durch Verse und Reime die allgemeingültig als „schön“ angesehen werden.
Die Sprache der Breidenich-Gedichte jedoch, erscheint, typisch für die Postmoderne, im ersten Moment zu ungebunden, was mangeln lässt. Das bloße Aneinanderreihen von Sätzen wird nicht als poetisch empfunden und liest sich fast wie Prosa. Da der Autor aber sowieso nicht in hochtrabenden Emotionen schwelgt, was vielleicht auch an seinen eigentlichen naturwissenschaftlichen Wurzeln liegen mag, ist die formale Neutralität in diesem Falle auf seine eigene Art irgendwie passend. Hinzu kommt die doch vorhandene poetische und auch teils gehobene Wortwahl, auch Fachbegriffe (Ephermeriden…?), derer sich der Physiker zu Hauf zu bedienen weiß, die dem Ganzen einen eigenen Stil verleihen, der vielleicht nicht einfach ist, aber auch ohne Reime auskommt. Diesen sehr eigenen Stil bereichern Wortspiele wie „sternhagelvoll wie der Himmel war“ oder „das Licht fiel aus allen Wolken“, die den Leser schmunzeln lassen und dazu führen, dass sich dem Autor  letztendlich eine gewisse poetische Ebene dann doch nicht absprechen lässt.

Abschließend bleibt zu sagen, dass es sich bei Markus Breidenichs „Am Milchstraßenrand“ trotz aktueller Zeitbezüge um schwer verdauliche Kost handelt, was sicherlich unter Anderem auch daher rührt, dass hier ein von den Naturwissenschaften zur Poesie übergelaufener Dichter nicht von seiner eigentlichen Profession lassen kann und die Physik ständig in seine Gedichte miteinbezieht. So sehr sich der Leser auch bemühen wird, ganz hinter die Gedichte kommen wird er nicht, zumindest nicht ohne umfangreichste Recherche, die wohl kaum einer auf sich nehmen wollen wird. Ob er es nun dabei belässt, dieser Umstand sogar sein Vergnügen steigern wird, oder ob er ihn zur Verzweiflung bringt, sei ihm selbst überlassen.

Was Breidenich damit wirklich sagen will, bleibt gekonnt verschleiert, und wahrscheinlich wollte er das auch so. Andernfalls hätte er es ja über Twitter sagen können.

Bad Taste.

Was derzeit sehr beliebtes Partymotto ist - grelle Farben, chaotisch kombiniert, dazu toupierte Haare und schlimmeres Make Up als in den 80ern, sofern möglich, ist bei vielen leider Programm: schlechter Geschmack. Darüber lässt sich ja bekanntlich streiten, was aber zum Beispiel die Clubtauglichkeit einer Latexleggins mit fast bauchfreiem Leo-Print-Top bei Speckhüften angeht, spreche ich wahrscheinlich nicht nur für mich. Viel schwieriger als bei Modefragen, die sowohl Trend-, Saison-, Cliquenzugehörigkeits- als auch Gewichtsabhängig sind, wird es in Sachen Film.
Meine These ist: anhand der DVD-Sammlung scheiden sich mitunter nicht nur Geister, sondern auch Menschen. Jetzt möchte ich natürlich nicht meinen Geschmack und meine Sehgewohnheiten über die von Anderen stellen... aber wo bei mir der Spaß aufhört, fängt er bei vielen leider erst an. Filme wie "Leg dich nicht mit Zohan an" oder jegliche Fortsetzungen von "American Pie", ebenso die von "Scary Movie" mögen vielleicht irgendwie ihre Daseinsberechtigung haben (wo Nachfrage da Angebot da Geld für die Industrie da mehr Verblödung). Aber ernsthaft, ist das denn nötig? Nun gut, es sich mal ansehen, um sich wenigstens über das Niveaulimbo auslassen zu können, ist das Eine. "Bylight" beispielsweise ist so überzogen schlecht, dass er fast wieder gut sein könnte. Rodriguez treibt es in "Machete" mit vollster Absicht auf die Spitze und rammt uns den Splatter-ich-zeug-euch-wie-schlecht-ich-kann-Dolch mitten ins Herz.
Aber gleich seine filmische Unkenntnis im Regal zur Schau stellen? Und... wenn jemand eine solche Einseitigkeit an den Tag legt, hat das dann eine zwischenmenschliche Basis? Sagt es vielleicht nicht nur aus, dass man was den Humor angeht nicht auf einer Wellenlänge ist sondern eventuell sogar anderweitig nicht auf einen Nenner kommt?
Dass die breite Masse im Kino mehr unterhalten werden will als nachdenken, leuchtet ein. Nicht umsonst begann die Karriere des Kinos als ein "Kino der Attraktionen" auf Jahrmärkten. Der Großteil der Kinogänger IST einfach leider nicht philosophisch bewandert oder schaut gerne mit Untertiteln, geschweige denn Filme die nicht den Blockbuster-Stempel tragen. Auf der anderen Seite ziehen Filme wie Nolans "Inception" viele an, die aber die Tiefe solcher Werke gar nicht wirklich begreifen.
Ich möchte nicht den Geschmack und das Niveau einer ganzen Nation anheben, was undenkbar wäre und letzten Endes auch langweilig. (Und, mal ehrlich: was wäre das Nachmittagsfernsehen ohne sich ankeifende Arbeitslose oder Menschen die Spaghetti von Bäuchen essen? Auch hier ist ja ab und an eine humoristische Perle zu finden.) Zudem ich selbst mich ja auch irgendwo zwischen Arthouse und Mainstream verorte - und schnell an meine eigenen Grenzen stoße. Aber ich plädiere für mehr Offenheit und mehr Unterstützung jener Filme, die nicht nur flach und nichts sagend sind, für ein stückweit mehr Kunst im kommerziellen Business. Denn leider bleibt so auch vieles unentdeckt.

Bis dahin: wer will möge bitte Cordschlaghosen mit bauchfreiem Korsett tragen. Oder Buffalos mit Röhrenjeans und Arschfrissthose.

Jedem das Seine. Und das Beste für mich.

Wie. WAS machst du?

Ist die erste Hürde - meinen Namen zu verstehen - gemeistert, stoßen die Meisten auf das nächste fast nicht zu überwindende Hindernis bei dem Versuch, meiner Person näher zu kommen: ich studiere NICHT BWL oder ähnliches.
Jeder Geisteswissenschaftler wird es schon einmal gehört haben: "Und, danach Taxifahren, oder?" höhö. Nein. Meine Antwort also: Ich studiere Kunstgeschichte im Hauptfach... (große Augen) .. mit Schwerpunkt Filmwissenschaft. (Ruhe, da es interessanter klingt.) Sind dann ob der Zielstrebigkeit und genauen Zukunftsvorstellungen zumindest die ersten Zweifel beseitigt, sieht das Alpha-Männchen-Gegenüber dich somit auf gleicher Ebene mit sich selbst und beginnt nun, dir wertvolle Tipps für dein Weiterkommen nahe zu legen. Demnach sollte ich sofort losrennen und Japanisch oder Russisch lernen, oder am besten noch Portugiesisch, denn bald wird Brasilien Weltmacht. Dass ich in Deutschland als Filmkritikerin/ Kulturjournalistin Fuß fassen will? Nicht von Belang. Der Markt, der schwappt schon noch rüber. Alle Synchronsprecher, Übersetzer und Untertitelhersteller werden zu diesem nicht definierten Zeitpunkt vermutlich beim Umzug Hollywoods nach Sao Paulo oder Rio de Janeiro behilflich sein.
Und überhaupt: kennst du den und den und den und den Film? Wie? Du kennst nicht das kleine Fernsehspiel bei ZDF?? Da mach ich grad Regie (eher Kabelträger, so meine Vermutung). Entschuldigung, auch ich habe meine Schwerpunkte und Interessen. Diese bestehen im Übrigen auch nicht darin, ein Semester als Erasmus-Studentin im Ausland zu vertrödeln - so viel es einigen bestimmt auch bringt, leider läuft dies bei vielen mehr unter Spaß denn unter Bildung und Lebenserfahrung.

Ich gehe also davon aus, meinen Weg machen zu können auch ohne ständiges Reinreden von Menschen, die es irgendwie immer besser wissen. Kümmert euch um euren Kram. Ich werde nicht (ob virtuell oder auf Veranstaltungen) vielverprechenden Kontakten in den Arsch kriechen, und ebensowenig werde ich auf Kunstmessen-Aftershow-Partys so "total understatement"-mäßig schwarz angezogen in der Ecke an meinem Weinglas nippen. Glück und Vitamin B gehören sicherlich dazu, wenn man etwas erreichen will, das will ich nicht bestreiten, aber Persönlichkeit, Engagement und Talent sollten auch heute noch mehr wert sein.
So then, "Was? Du willst schreiben? Und hast keinen Blog?"-

Fange ich an mich zu profilieren.