Kunst ab 18?

"Heroin Kids" betitelt ein Kunstprojekt von Corinna Engel und Christian Kaiser. In aufwühlenden Fotografien inszeniert das Künstlergespann Modells als Junkies mit zerzausten Haaren, verlaufenem Make-Up, prallem Blick und in obszönen Posen. Kotzend, mit Einstichen, teils verwahrlost, aber dennoch mit einem auf komische Art und Weise ansprechenden, oder eher: faszinierenden Look. Es sollen sich auch echte Abhängige oder Konsumenten unter den Abgelichteten befunden haben.

Eine Ästhetisierung lässt sich diesen Bildern nicht absprechen und ist bewusst gewählt: "Schönheit und Freiheit zeigen sich gerade in intensiven Momenten des Lebens“, so Christian Kaiser. Die Bilder sollen Schönheit, Freiheit, Sehnsucht und auch Liebe zum Zeitpunkt des Niederganges und Exzesses, an einem Tiefpunkt menschlicher Existenz zum Vorschein bringen. 

Genau hier liegt natürlich der Kritikpunkt der Bayerischen Landesanstalt für neue Medien (BLM), die befürchtet,  diese Art von Kunst könnte "entwicklungsbeeinträchtigend" für Jugendliche sein. Gegen diesen ersten Vorwurf konnten sich die Künstler in Revision behaupten und entgingen einer Strafe von 5000 Euro. Nun steht aber schon die nächste Klage ins Haus. Inhalte der Homepage von "Heroin Kids" sollen offline genommen werden, das Statement der Künstler auf ihrer Seite: "Stellen wir die beanstandeten Inhalte wieder ein, wird unser Kunstprojekt verboten. Falls wir das nicht erklären drohen sie uns mit weiteren hohen Kosten und einer Untersagungsverfügung.
Es geht hier wohl längst nicht mehr rein um die "beanstandeten Inhalte", als viel mehr darum eine Zensur durchzudrücken. Außerdem möchte die BLM  ein exemplarisches Urteil, das sie dazu befugt Kunst im Internet in ganz Deutschland ohne Probleme zensieren zu dürfen."

Aber darf Kunst so einfach zensiert werden? Das sollte nicht zur Debatte stehen. Kunst zeigt, was Kunst zeigen muss, und Künstlern sollten keine Schranken auferlegt werden. Der Vorwurf einer Ästhetisierung von Drogenopfern steht zwar zurecht im Raum, doch sind die Fotografien zugleich auch verstörend genug, um Jugendlichen die Kritik daran offen darzulegen. Davon abgesehen, dass im Internet sicherlich weitaus schlimmere Seiten und Bilder zugänglich sind, als diese.

Und Kunst ab 18? Sollte jetzt auch "Wir Kinder vom Bahnhof Zoo", die Jugendlektüre schlechthin, zensiert werden, weil sie als drogenverherrlichend gelesen werden könnte? Jugendliche sollten die Möglichkeit haben, sich früh genug kritisch mit Drogen auseinander zu setzen. Fotografien, auch wenn ästhetisch in Szene gesetzt, werden die Jugend schon nicht verderben.

Ausstellung "Heroin Kids" noch bis 27.7., Mein Haus am See, Berlin

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