Menschen
kotzen manchmal wahnsinnig an. Ich bin jetzt kein Misanthrop oder so, mit den
meisten komme ich sogar recht gut zurecht. Oder – die meisten mögen mich mehr
als ich sie. Aber das macht ja nichts. Menschen... verbringen die meiste Zeit
des Tages damit, sich über irgendwas aufzuregen, sich Gedanken zu machen,
irgendetwas zu vermissen. Viel gehörter Satz und auch in den Top 10 meines
persönlichen Geht-mir-nicht-auf-den-Sack-Rankings: „Irgendwie wäre es ja schon
mal wieder Zeit für was Festes.“ Ihr denkt also tatsächlich nach über Dinge,
die Ihr nicht habt oder haben wollt, seid Euch dessen aber unsicher, und überhaupt,
wisst nicht WAS genau Ihr wollt und wundert euch dann, dass nichts geschieht?
Und
WENN dann was geschieht, geht das Wundern und Zetern weiter. Nein, es hat kein
Ende. Niemals. So schnell wie möglich muss die Definitionsfrage gestellt
werden, was sind wir, wo gehen wir hin? Dein Leben lang hast Du dir die Frage
nicht gestellt, und jetzt fängst Du nach einer Woche damit an? Glückwunsch. Und
das Wort, das dabei die größte Ehrfurcht einflößt und scheinbar unausweichlich
ist, ist „Beziehung“. Uh. Mir schlottern die Knie.
Total
beeindruckend ist es dann, wie Leute es binnen kürzester Zeit ausdifferenzieren
und, einem anderen Denken als dem Facebook-Schubladenartigen nicht mächtig,
sich in einer befinden. Denn eine andere Option als „in einer Beziehung“, in
einer „offenen Beziehung“ oder „Single“, das gibt es in der heutigen Zeit nicht
– wenn man das teilen will mit anderen, und offenbar ist das unabdingbar.
Selbst wenn man sich fake verlobt, um nochmal eins draufzusetzen und zu zeigen
„Der gehört mir!“, sich ob einer Krise trennt für drei Tage und dann aber
feststellt „Oh ich kann ohne ihn nicht“ – total wichtig, der Beziehungsstatus
geht immer mit.
Was
aber sagt die Bezeichnung „in einer Beziehung“ überhaupt aus? Stehen wir doch
mit jedem Menschen, mit dem wir zu tun haben, in Beziehung. Zueinander. Welcher
Art auch immer. Nennen wir diese Art von Mann-Frau-Beziehung also eine
„feste“... Und jetzt? Das Problem bei der ganzen Sache ist, dass der Begriff
sich eigentlich jeglicher Definition entzieht, ein Diskurs bleiben muss, weil
jeder etwas anderes darunter versteht. Und wen soll es auch wundern, wenn die
erste Assoziation dazu ein „Wir eiern seit zwei Jahren in unserer Scheiße rum
und vertrauen uns nicht und die Luft ist raus“ ist und erst mal in Abwehr
mündet? „Beziehung“ ist ein solch schwerer und träger Begriff, für manche rotes
Tuch, für Andere Erfüllung, denn: damit setze ich öffentlich meinen Stempel
drauf; für wieder Andere das Damoklesschwert.
Ich
bin für eine Entmystifizierung des Begriffs. Mehr Offenheit, weniger Angst.
Bevor Ihr euch verstrickt in Beziehung-oder-nicht-Debatten, versucht Euch erst
mal aufeinander zu beziehen. Lieber Hund oder Katze? Sommer oder Winter?
Schwimmen oder Joggen? Bier oder Wein? Hip Hop oder Electro? Tanzen oder nicht?
Schlafen links rechts oben unten? Von An-ziehung und Aus-ziehung gar nicht zu
sprechen. Und schaut, ob die Freunde da auch mit-ziehen. Wenn sie nicht gerade
zu sehr mit sich selbst und ihren Beziehungsproblemen beschäftigt sind und
sowieso nichts Konstruktives von sich geben.
Denn,
wie auch immer man das am Ende dann nennen möchte, auf ein Festnageln und
Vorführen kommt es einfach nicht an. Oder ein Zerreden. Geht euch doch nicht
selbst so auf den Nerv! Ein Genießen der Gegenwärtigkeit und Stresslosigkeit
impliziert nicht gleich Unverbindlichkeit. Und keine Beziehung ist trotzdem
auch immer eine. Und wie man sich bettet, so liegt man.
Außerdem:
Ich kann mich nicht daran erinnern, dass jemals jemand mir seine/n Neue/n
vorgestellt hätte mit den Worten „Das ist (...), wir führen eine Beziehung.“
Man sagt... „Das ist mein neuer Freund.“ Viel essentieller, viel schöner, denn
Freundschaft: Das ist die Basis für alles. Kümmert Euch also erst mal um das
Fundament, bevor Ihr Häuser baut.